Dreyzehentes Capitel.
Voll der freudigsten Gef?hle traten wir am 7. Jan[ua]r Morgens unsere Heimreise an. Unsere Pritschke war zwar nicht bedeckt, doch hatte sie die Bequemlichkeit, da? wir nach Gefallen darin liegen oder sitzen konnten. Die Bespannung erhielten wir auf jedem Etapenplatze von den bereitstehenden Bauernpferden. Wir nahmen den Weg ?ber Pakosz und Pudewitz nach Posen, wo wir am 8.ten anlangten. Nach einem Aufenthalte von einigen Stunden setzten wir unsere Reise fort, und ?bernachteten am 9. in Fraustadt, der lezten Stadt im Herzogthum Warschau. Am 10. giengen wir ?ber die Oder, passirten Glogau, wo wir Mittag machten, und erreichten ?ber Sagan, Surau, Muskau, Hoyerswerde und // S. 94// K?nigsbr?ck schon am 12. Jan[ua]r die Hauptstadt des K?nigreichs Sachsen, Dresden. Hier ruhten wir zwey Tage aus, fuhren am 15. das Elbethal hinab nach Meissen, von dort ?ber das Erzgeb?rge durch Freyberg, Chemnitz, Zwickau, nach Plauen im Voigtlande, durch Hof und Bayreuth nach N?rnberg, wo wir am 18.ten Jan[ua]r eintrafen. Den 19.ten kamen wir nach Ansbach, und am 20.ten nach Ellwangen, wo wir abermals einen Rasttag machten. Tags darauf giengen wir bis Gm?nd, und den 23.ten nach Ludwigsburg, von da aber auf die uns vom Gouverneur gegebene Nachricht, da? alle aus Ru?land zur?ckkehrenden Officiere bis zum lezten Jan[ua]r Urlaub h?tten, und bis dahin im Lande hingehen konnten, wo sie wollten, noch am nemlichen Tage nach Stuttgart.
So war ich denn nach unz?hligen M?hseligkeiten und Gefahren aller Art wieder im Vaterlande angekommen. In dem kurzen Zeitraum von 17. Tagen hatten wir eine Strecke von beinahe 300. Stunden zur?ckgelegt,128 und w?hrend dieser Zeit noch 3. Rasttage gemacht. Wir waren durch vieler Herren L?nder gereist, und hatten ?berall eine mehr oder minder gute, nie eine schlechte Aufnahme gefunden. Aller Orten wurden wir angestaunt, als Wunder, die dem allgemeinen Verderben entronnen waren, ?berall hatten wir von den Schicksalen, dem Zustande der Armee, von unsern eigenen Drangsalen zu erz?hlen, aber, wie die Menschen nun einmal sind, wir fanden welche, denen unsere Erz?hlungen // S. 95// nicht gr??lich genug klangen, und die darum zweifelten, da? wir wirklich dem ganzen Feldzuge und R?ckzuge in Ru?land angewohnt h?tten. ?berall, wo wir es verlangten, erhielten wir Quartiere, theils in Gast- theils in Privath?usern, aber nirgends, Dresden ausgenommen, verweilten wir l?nger, als unsere ersch?pften Kr?fte uns geboten. Im Warschau'schen hatten wir nicht mehr ?ber die schlechten Quartiere, wie im vergangenen Fr?hjahr zu klagen, denn wir hielten nur auf Etapen Pl?tzen an, und unsere Anspr?che waren ?berhaupt durch den Aufenthalt in Ru?land geringer geworden. In Posen hielten wir uns einige Stunden auf, um die Stadt zu sehen, und noch einige Kleidungsst?cke zu kaufen. Diese Stadt und Fraustadt sind die beiden gr?sten und bestgebauten Orte, durch die wir auf der Reise von Inowraclaw an durch das Grosherzogthum Warschau kamen. Beide St?dte haben manche sch?ne Geb?ude, und auch hier, so wie in Kosten und Smygel verl?ugnen sich die Wohlthaten der preussischen Regierung nicht. Ueberhaupt bemerkt man mit Vergn?gen die zunehmende Wohlhabenheit und Reinlichkeit der Bewohner gegen die Grenzen Schlesiens hin. Ungerne sahen uns die Pohlen auf dem R?ckwege, denn aus allen Umst?nden mu?ten sie abnehmen129, da? es, wo nicht f?r immer, doch f?r eine geraume Zeit zu Ende sey mit der franz?sischen Herrschaft in Pohlen, und da? nun erst grose Drangsale ihrer warten. Gleichwohl bezeugten sie uns alle Teilnahme, und leisteten uns jede // S. 96// H?lfe, die wir billigerweise von ihnen erwarten konnten. Die? war namentlich in Fraustadt der Fall.
Das Land von Inowraclaw bis an die schlesische Grenze ist eben, meistens sandig, aber nicht unfruchtbar, wie denn ?berhaupt dieser Theil von Pohlen zu den besseren geh?rt.
In Schlesien bemerkten wir bey den Einwohnern wohl eine heimliche Freude ?ber das Ungl?ck der grosen Armee, doch waren sie aller Orten zu artig, sie deutlich zu erkennen zu geben, vielmehr bezeugten sie uns viele Theilnahme, und manche waren so ehrlich, zu gestehen, da? wir dieselbe nur unserem gemeinschaftlichen Vaterlande, keineswegs aber unserer Verbindung mit Frankreich zu danken h?tten. Nur in Glogau w?ren uns, troz der franz?sischen Besatzung, beinahe Unannehmlichkeiten widerfahren, wenn wir, theils unserer selbst, theils der Nachkommenden wegen, nicht vorgezogen h?tten, die ernstlich gemeinten Reden f?r Scherz und Unverstand zu nehmen. In den ?brigen Orten, wo wir mit Einwohnern in Ber?hrung kamen, vermieden wir daher jeden Anla? zu politischen Gespr?chen, und hatten wohl auch dieser Vorsicht das artige Benehmen unserer Wirthe mit zu danken. In der Stadt Glogau wollten wir uns, des eben erw?hnten Vorfalls willen, nicht n?her umsehen, und so wei? ich von den Festungswerken weiter nichts zu sagen, als da? sie mir auf der Oderseite besonders stark schienen. Die Stra?en, durch die wir kamen, sind gut gebaut, // S. 97// zum Theil aber sehr enge. Die Stadt ist lebhaft, und die Einwohner scheinen ein munteres V?lkchen zu seyn. Die mehrj?hrige franz?sische Occupation hatte sie mit einem gl?henden Hasse gegen die Franzosen erf?llt. Bey Neust?dtel sahen wir Weinberge, die uns lebhaft an unser Vaterland erinnerten. W?hrend um Glogau das Land eben ist, so erheben sich gegen Neust?dtel einige H?gel, und von hier an verlieren sich die grosen Ebenen allm?hlig in ein h?gelichtes{688} Land, bis gegen Hoyerswerda hin, wo die Landschaft ebener zu werden beginnt. Sagan, das lezte schlesische St?dtchen, ist recht artig zu nennen. Der ganze Landstrich von Glogau bis hieher ist sehr bev?lkert und wohl angebaut. Die D?rfer sind reinlich, und die Wohnungen zeugen von Wohlhabenheit der Bewohner.
Surau ist das erste s?chsische St?dtchen, das wir ber?hrten. Es ist gut gebaut, noch besser aber ist Muskau, das eine gar freundliche Lage hat, und darum, und der Artigkeit unserer Wirthsleute wegen mir wohl im Ged?chtni? blieb. Spremberg und Hoyerswerda sind geringere St?dtchen, und scheinen ziemlich arm zu seyn. Dagegen ist K?nigsbr?ck wieder ein freundlicher Ort.
Bis daher hatten uns unsere Wirthsleute, bey aller Zuvorkommenheit, doch mit einer gewi?en Aengstlichkeit und Scheu aufgenommen, die wir haupts?chlich ihrer Furcht vor Krankheiten, haupts?chlich vor dem Nervenfieber, mit dem sie jeden Zur?ckkehrenden behaftet w?hnten, zuschrieben, und nebenbey auch dem Ekel vor der Unreinlichkeit, die gar viele der // S. 98// R?ckkehrenden noch an sich trugen, und die auch noch an uns einigermaasen sichtbar war. Wir hatten uns darum vorgesetzt, neben der Pflege unserer K?rper und der Besichtigung der Merkw?rdigkeiten Dresdens, dort auch noch besondere Sorgfalt auf unsere und unserer131 Kleider- Reinigung zu verwenden.
Es ist eine sch?ne, breite, mit grosem Aufwand gebaute, steinerne Br?cke, die von der Vorstadt ?ber die Elbe zur Stadt Dresden f?hrt. Wir nahmen, gr?serer Bequemlichkeit wegen, die?mal unser Quartier auf unsere Kosten in einem der ersten Gasth?fe, wo wir sp?t Abends anlangten. An den zwey folgenden Tagen sahen wir uns in der Residenz um. Die Stadt ist sehr gut gebaut, die H?user sind von Stein, die Stra?en nicht sehr weit, doch noch nicht gerade enge, durchg?ngig reinlich gehalten. Ausser dem K?nigl[ichen] Schlosse enth?lt die Stadt noch viele pallast?hnliche Geb?ude, und mehrere sch?ne Kirchen, worunter sich die Frauenkirche besonders auszeichnet, die nach dem Modell der S[an]ct Peterskirche in Rom gebaut ist. Die Aussicht auf dem Thurme dieser Kirche ist ausgebreitet und ?usserst malerisch. Mehrere Sammlungen verschiedener Art sind sehenswerth. Das sogenannte gr?ne Gew?lbe mit der unvergleichlichen Gem?ldeGallerie blieb uns leider! verschlossen. Die R?stkammer enth?lt eine grose Zahl von Waffen und R?stungen aus allen Zeiten, und zum Theil von hohem Werthe. In der Niederlage von Mei?ner Porcell?n war gerade ein ausgezeichnet sch?ner Service, der dem // S. 99// franz?sischen Kaiser bestimmt war, zu sehen, und ausserdem war eine grose Menge treflich gemalter Vasen und anderer Service vorhanden. Gerne h?tte ich den Meinigen ein Andenken mitgenommen, aber ich mu?te meine Baarschaft zu Rath halten. An dem Br?hlschen Pallaste ist der Br?hlsche Garten gelegen, der mit vielem Geschmack und grosem Aufwande angelegt ist, und eine herrliche Aussicht auf die sch?ne und breite Elbe gew?hrt. Die Oper, die wir auff?hren sahen, befriedigte sowohl durch den Gesang als die Musik meinen Reisegef?hrten ausnehmend. Die Lage Dresdens an dem schiffreichen Flusse ist ?usserst romantisch, und ?bertrifft wohl jede der andern Residenzen Deutschlands. Die Bewohner sind ein gutm?thiges, artiges, abgeschliffenes Volk, dem Vergn?gen und den Zerstreuungen sehr ergeben. Sie nahmen sich die d?stere Zukunft, die vor Deutschland lag, noch nicht sehr zu Herzen. In unserem Gasthofe waren wir gut gen?hrt und bedient, hatten es aber auch bey unserer Abreise theuer zu bezahlen.
Wie wir von K?nigsbr?ck aus mit132 Postpferden nach Dresden gekommen waren, so reisten wir auch wieder von da ab nach dem n?chsten Etapenplatze, Meissen. Der Weg dahin f?hrt durch das Elbethal hinab, dem rechten Ufer entlang. Eine herrlichere, reichere Landschaft hatte ich nie gesehen. Das Thal auf beiden Seiten durch bedeutende H?gel geschlossen, // S. 100// diese mit den sch?nsten Baumg?rten und Weinbergen bedeckt, das Thal reich bes?et mit lieblichen D?rfern und Landh?usern, die Stra?e topfeben und treflich unterhalten, die Bewohner gut gekleidet, wohl gen?hrt, Zufriedenheit im Gesichte, alles die? machte einen wunderlieblichen Eindruck auf mich, und versetzte mich in die heiterste Stimmung. Vier Stunden lang f?hrt der Weg durch dieses s?chsische Paradies.
Schon ferne von Mei?en gewahrt man das dortige uralte Schlo?, die Stammburg und einst der Wohnsitz der Markgrafen von Mei?en, auf einem hohen Vorsprung des Erzgebirges gelegen. Eine theils steinerne, theils h?lzerne bedeckte Br?cke f?hrt ?ber die Elbe, und in das St?dtchen Meissen, das an dem Berge angebaut, von ferne sich gut ausnimmt, und nicht schlecht gebaut ist. In dem Schlosse befindet sich seit vielen Jahren die ber?hmte Porcellanfabrik, die, ihre Erde aus einer Entfernung von etwa 10. Stunden beziehend, ihre Producte zwar theuer h?lt, dagegen durch die Trefflichkeit der Masse{689}, der Glasur und der Malere? alle Fabriken der Art in Deutschland weit ?bertrifft. Mit grosem Interesse nahmen wir die ganze Anstalt in Augenschein, und zur Erinnerung an unser Hierse?n kauften wir uns beide eine Kleinigkeit.
Von Meissen aus f?hrte uns der Weg auf das Erzgeb?rge. Hier nimmt die Natur einen rauheren Character an, und // S. 101// w?hrend der Sachse des platten Landes von den Erzeugnissen seines Bodens mehr oder weniger in Wohlhabenheit lebt, so ist der Bewohner des Erzgeb?rges von der kargen Natur gen?thigt, seinen Lebensunterhalt durch den harten Bergbau, und die nicht minder harte Fabrikarbeit sich zu erwerben. In allen St?dten, in allen D?rfern finden sich Fabriken, und das Aussehen der Bewohner zeugt von der Unzutr?glichkeit ihrer Besch?ftigung f?r die Gesundheit. Die Farbe der Bergleute ist eben so d?ster, wie der Ort ihrer Th?tigkeit. Indessen herrscht auf dem Erzgeb?rge viel Leben, und Handel und Wandel ist im Schw?nge. Wie im ?brigen Sachsen, so sind auch hier die Menschen zuvorkommend und gastfre?.
Das n?chste St?dtchen, in das wir von Meissen aus kamen, ist No?en, das sich durch nichts auszeichnet, als ein grosses altes Schlo?. Fre?berg, wo wir das Nachtquartier nahmen, die ber?hmte Bergstadt ist nicht unbetr?chtlich, gut gebaut, aber nicht stark bev?lkert. Es hat134 ein groses sch?nes Schlo?. In der N?he dieser Stadt befinden sich mehrere Bergwerke, wir nahmen uns aber nicht Zeit, eines derselben zu besichtigen, so sehr wir es auch gew?nscht h?tten. Chemnitz ist eine bedeutende und lebhafte Handels- und Fabrikstadt, und hat viele sch?ne Geb?ude. Das Dorf Oberlungwitz zieht sich mit 2. Reihen H?user in einem sehr engen Tha?e 1 1/4. Stunde weit hin. Das St?dtchen Lichtenstein // S. 102// mit seinem Schlosse hat eine romantische Lage. Zwickau, die lezte Stadt im s?chsischen Erzgeb?rge, treibt viel Handel, und besitzt ebenfalls mehrere Fabriken. Die Stadt ist sehr lebhaft.
Nun hatten wir das Voigtland erreicht, ein nicht weniger th?tiger und fabrikenreicher Landstrich als das s?chsische Erzgeb?rge, der einen Theil eben dieses Geb?rges ausmacht. Reichenbach ist ein recht artiges St?dtchen. Plauen ist alt, nicht betr?chtlich, mit einem grosen Schlosse.
Am 17. erreichten wir das bayrische Gebiet. Die Zuvorkommenheit und Gastfreiheit der Sachsen verliert sich von Plauen an nach und nach in das derbere, weniger gef?llige Wesen der Bayern.{690} In Hof, einer nicht unbetr?chtlichen Stadt, vermi?t man das gute Sachsenland noch nicht so sehr, aber schon 4. Stunden weiter, in M?nchberg, wird man gar deutlich gewahr, da? man Sachsen verlassen hat. Zwischen Hof und M?nchberg erblickt man zur Rechten die hohen H?upter des Fichtelgebirges, aber nun gelangt man wieder in ein flacheres Land. Zu Bayreuth fanden wir im goldenen Anker ein gutes Nachtquartier. Unsere Ankunft daselbst erfolgte so zeitig, da? wir das Theater noch besuchen konnten. Die Gegend um Bayreuth hat viele sch?ne, wohlhabende D?rfer, und die Stadt selbst ist gut gebaut, und wohl bev?lkert. // S. 103// Hilpoltstein ist ein schlechtes St?dtchen, aber das nahe Schlo?, auf einem einzeln stehenden hohen Felsen gelegen, giebt der Lage ein romantisches Ansehen. Am 18. Abends kamen wir in N?rnberg an. Wir erhielten unser Quartier im Reichsadler, wo wir am Wirthe und seiner Frau recht gef?llige Leute fanden. Auch hier verk?rzten wir den Abend durch den Besuch des Theaters, und nachher noch durch die Unterhaltung mit unsern Wirthsleuten. Am folgenden Morgen verwendeten wir einige Stunden zur Besichtigung der grosen alten, ehemals so reichen, noch immer aber wohlhabenden Stadt. Die Lage ist eben, und nur in der Ferne erblickt man Gebirge. Ansbach ist eine recht h?bsche Stadt mit einem grosen sch?nen Schlo?e. Wir hatten hier unser Quartier bey dem Regierungsrath Schnitzlein, und lernten in ihm und seiner Familie{691} artige Leute kennen. Ich besuchte da einen ehemaligen Arbeiter meines Oncles Riegelbach, Namens Scheuermann, den ich zu der Zeit, als ich das Gymnasium in Stuttgart besuchte, wohl kennen gelernt hatte, und der ?ber meine unerwartete Erscheinung sehr erstaunt und erfreut war. —
Der 20. Jan[ua]r war der Tag, wo137 wir das Vaterland wieder betraten. In Ellenberg, dem ersten w?rttembergischen Orte, ward vor dem Wirtshaus Halt gemacht, und in [sic!] vaterl?ndischem Weine dem Vaterlande ein Hoch gebracht. In Ellwangen rasteten wir einen Tag. Unsere Aufnahme h?tten wir uns nicht besser w?nschen k?nnen. Alles beeiferte // S. 104// sich, uns unsere Leiden und M?hseligkeiten durch Zuvorkommenheit und Gef?lligkeit vergessen zu machen. Am 22.ten setzten wir unsere Reise nicht weiter als bis Schw?bisch Gm?nd fort, wo wir ein Quartier bey Kaufmann Mayer erhielten, und Abends nach gut w?rttembergischer Sitte zu einem Glase Wein giengen. Da? wir allein hier das Wort f?hrten, und von allen Anwesenden mit Fragen best?rmt, f?hren mu?ten, bedarf wohl keiner Versicherung.
Den folgenden Tag giengen wir, wie schon gesagt, ?ber Ludwigsburg nach Stuttgart.
Arm und blos kam ich hier an mit zerrissenen Kleidern, ohne Geld. Meine s?mtliche Equipirung138 war verloren, von 10. Pferden, die ich nach und nach gehabt hatte, waren 8. zu Grunde gegangen. Mehrere 100. Gulden Schulden waren das Einzige, das ich zur?ckbrachte. Durch die Reise von Inowraclaw nach Stuttgart hatten sich meine k?rperlichen Kr?fte beinahe v?llig ersch?pft, dagegen hatte sich mein geistiger Zustand merklich gebessert, und ich durfte hoffen, bey einiger Ruhe jene bald zur?ckkehren zu sehen. Zwar litt ich noch immer an Diarrhoe und Magenschw?che, allein beide Uebel hatten von ihrer Heftigkeit vieles verloren, und wenn sie auch nicht so schnell g?nzlich zu beseitigen waren, so hinderten sie doch nicht die allm?hlige Wiederherstellung meiner Kr?fte.
Am 24.ten Jan[ua]r einem Sonntage, meldeten wir uns in Stuttgart bey dem K?nig und dem KronPrinzen und bey der Generalit?t. // S. 105// Auf der Parade wurde ein groses Avancement publicirt, bey dem auch mir ein Theil zufiel, indem ich zum OberLieutenant bef?rdert wurde. Nachdem ich noch meine Verwandten besucht hatte, rei?te ich Abends 5. Uhr mit Extra- Post nach Tuttlingen ab, um meine Mutter und meine Geschwister zu besuchen. Mit groser herzlicher Freude ward ich von ihnen empfangen, aber sie lasen auch aus meinem ganzen Aussehen meine seitherigen Schicksale. Ich ward auf's beste verpflegt, und wenn mir ein l?ngerer Aufenthalt verg?nnt gewesen w?re, so h?tte sich wohl meine Gesundheit bald wieder vollst?ndig hersteilen m?gen. W?hrend der 5. Tage, die ich in Tuttlingen zubrachte, ward ich nicht nur um die Erz?hlung meiner eigenen Schicksale von Verwandten und Bekannten fortw?hrend best?rmt, sondern es fand sich auch theils aus der Stadt, theils aus der Umgegend t?glich eine Menge Leute ein, die von mir Nachrichten ?ber Verwandte und Freunde zu erhalten hofften, und von denen wenige getr?stet, die meisten ohne Trost wieder von mir giengen. Mein J?ger Hoffmann, den ich in der Eigenschaft eines Bedienten nach Tuttlingen mitgenommen hatte, ward in allen Wirthsh?usern, deren er viele besuchte, theils von den Wirthen, theils von den G?sten zechfrey gehalten, wenn er von dem russischen Feldzuge, haupts?chlich aber von dem R?ckzuge erz?hlte. Am 30. Jan[ua]r verlie? ich Tuttlingen wieder, und traf am 31. in Ludwigsburg ein. // S. 106//
Ueberall im Lande war der russische Krieg und der R?ckzug das Tagesgespr?che, und noch lange bildeten die Schicksale der ganzen Armee so wie der Einzelnen die einzige Quelle der Unterhaltung. Aller Orten fanden die Zur?ckgekehrten die regste Theilnahme, jedes Herz wurde weich bey der Erz?hlung der unerh?rten Leiden. Es war Niemand, der uns nicht zur Belohnung eine lange Ruhe geg?nnt h?tte, allein die Zeit-Umst?nde wollten es anders.
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